Diskriminierung im Gesundheitswesen.

Handlungsfeld- und Bedarfsanalyse mit Empfehlungen zur Einrichtung einer Fachstelle im Land Berlin

Type of project: Evaluation

client/donor: Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung (LADS) Berlin

Project team: Dr. Albrecht Lüter, Dr. Britta Elena Hecking, Rada Pantelic, Verena Mörath

Duration: 8/1/2024 – 2/28/2025

Project description

Das Gesundheitswesen ist als Dienstleistungssektor gesellschaftlich von hoher Bedeutung. Nicht alle Menschen haben jedoch den gleichen Zugang zu medizinischer Versorgung oder erfahren medizinische Behandlungen in vergleichbarer Form. 

Wie andere gesellschaftliche Bereiche ist auch der Gesundheitsbereich kein diskriminierungsfreier Raum. Individuelle Erfahrungen im Gesundheitsbereich stehen vielmehr im Zusammenhang mit der sozialen Position unterschiedlicher Patient*innen und Patientengruppen. Zugleich unterstreichen einschlägige Studien neben Diskriminierungen auf individueller und interpersoneller Ebene auch den Stellenwert institutioneller und struktureller Ebenen und Aspekte. 

Um Diskriminierung im Gesundheitswesen abzubauen und Rechte auf Gesundheit und Gesundheitsschutz zu gewährleisten, möchte das Land Berlin im Jahr 2025 daher eine Fachstelle gegen Diskriminierung im Gesundheitswesen einrichten. Die Camino-Studie zu Diskriminierung im Gesundheitswesen dient der fachlichen Vorbereitung des Interessenbekundungsverfahrens und einer bedarfsgerechten Konzeptionalisierung der Fachstelle. Das Forschungsvorhaben lässt sich insofern der Praxisforschung zurechnen, es verbindet die themenspezifische Wissensgenerierung mit einer breiten Stakeholder-Beteiligung und Leistungen im Feld der Beratung und Entscheidungsvorbereitung. 

Ausgehend von diesen mehrdimensionalen Zielstellungen wurde eine geeignetes Forschungsdesign entwickelt, das zudem in relativ kurzer Zeit von einigen Monaten umsetzbar sein sollte, um in laufende Planungs- und Entscheidungsprozesse Eingang finden zu können. Eine fortlaufende Literatur- und Dokumentenanalyse diente einerseits der Sicherung bestehenden Wissens und der Sondierung besonderer Bedarfslagen auf Grundlage von Forschungsarbeiten, sie umfasste andererseits die Analyse von politischen und administrativen Konzepten und Handlungsprogrammen, um im Sinne einer Ausgangslage einen Überblick zu bereits bestehenden Ansätzen der Antidiskriminierungsarbeit im Gesundheitswesen zu gewinnen. 

Im Blick auf die empirischen Erhebungen wurde ein zweigleisiges, qualitatives Design entwickelt. Einerseits wurden 14 leitfadengestützte Interviews mit zentralen Stakeholdern im Bereich von Gesundheit und Antidiskriminierung umgesetzt. Hier wurde besonderer Wert auf ein belastbares Sampling gelegt, um tatsächlich Schlüsselakteure in Berlin zu identifizieren und zu berücksichtigen. Andererseits wurden fünf professionell moderierte Fachdialoge umgesetzt, die sich thematisch an den AGG-Diskriminierungsmerkmalen orientierten, zugleich eine gewisse Flexibilität und Bündelung zuließen. In der Umsetzung sind neben Fokus-Diskussionen auch verschiedene Workshop-Techniken verwendet worden (Flüstergruppen, Kartenabfragen, Priorisierungen etc.). Insgesamt beteiligten sich an diesen Fachdialogen ungefähr 40 Personen, die einerseits über Expertise zur Arbeit von Fachstellen oder zum Gesundheitswesen, andererseits zu Diskriminierungsdimensionen wie ethnische Herkunft und Rassismus, Religion und Weltanschauung, Geschlecht und Geschlechtsidentität sowie sexuelle Identität/Orientierung, Behinderung und chronische Krankheit oder Altern verfügte. Auch Aspekte wie Intersektionalität sowie statusbezogene Diskriminierung wurden berücksichtigt. 

In beiden Erhebungssträngen wurden jeweils Problemlagen und Herausforderungen, Bedarfslagen sowie konkrete Vorschläge und konzeptionelle Anregungen erarbeitet und erfasst. Die Formate wurde aufgezeichnet und (teilweise KI-basiert) transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Neben kategorialer Inhaltsanalyse mit MAXQDA wurde dabei auch Analysen mit KI-basierter Inhaltsanalyse (QInsights) durchgeführt. Ergebnisse wurden in einem Abschlussbericht dokumentiert, vorläufige konzeptionelle Empfehlungen zur geplanten Fachstelle in Form eines Vorberichts bereits drei Monate nach Projektbeginn formuliert. 

Aufbauend auf der Expertise von Camino wurde durch die auftraggebende Berliner Landestelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) im Februar 2025 ein Interessenbekundungsverfahren eingeleitet. Die neue Fachstelle soll in der ersten Jahreshälfte 2025 ihre Arbeit aufnehmen.