Bedarfserhebung für ein Regenbogenhaus in Berlin

Projektformat: Forschung

Auftraggeber/Fördergeber: Ansprechperson der Landesregierung Berlin für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt

Projektdurchführende: Frieder Decker, Philippe Greif, Moritz Konradi

Laufzeit: 01.01.2025 – 31.07.2025

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Der Berliner Senat hat sich in den Richtlinien der Regierungspolitik 2023-2026 zum Ziel gesetzt, im Stadtgebiet einen Standort festzulegen, an dem ein Regenbogenhaus als Community Center realisiert werden kann. Begleitend zu dem Vorhaben wurde in der Maßnahme 268 des Berliner LSBTIQ+ Aktionsplans 2023 vereinbart, dass die Ansprechperson Queeres Berlin die Vergabe einer Machbarkeitsexpertise prüft, die unter Beteiligung der queeren Communitys Konzepte für das Vorhaben „Regenbogenhaus“ entwickelt. Im Kontext dieser Machbarkeitsexpertise findet im Vorfeld eine Bedarfserhebung statt.

Die Bedarfserhebung für ein Regenbogenhaus in Berlin trug dazu bei, eine wissenschaftliche Grundlage zur Einschätzung der Machbarkeit des Vorhabens zu schaffen. Insbesondere sollte die Expertise klären, welchen aktuellen Bedarfen innerhalb der vielfältigen Berliner LSBTIQ+ Communitys ein Regenbogenhaus als Community-Center entspricht und inwiefern es sich in die aktuell dezentral und im Stadtgebiet verteilten Strukturen des queeren Lebens in Berlin einfügen könnte. Zentrale Fragestellungen waren dabei: 

- Besteht in den Berliner LSBTIQ+ Communitys und im Land Berlin eine Nachfrage nach einem Regenbogenhaus als zentrale Örtlichkeit für Vereine, Initiativen und Beratungsstellen? Welche Bedarfe und Wünsche, Herausforderungen und Sorgen verbinden sich mit dem Vorhaben, insbesondere vor dem Hintergrund bisher dezentral gewachsener Community-Strukturen?

- Inwiefern kann ein zentrales Regenbogenhaus den Bedarfen einer intersektional differenzierten und sozialräumlich vielfältig gestalteten Stadtgesellschaft gerecht werden und bestehende Strategien zur Förderung der Akzeptanz und Selbstbestimmung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt sinnvoll ergänzen? 

Die Bedarfserhebung wurde in vier Schritten durchgeführt, die aufeinander folgten: Erstens wurde eine Ist-Stand Analyse zur aktuellen Verteilung von LSBTIQ+-Vereinen, Initiativen etc. in Berlin erstellt, die Verteilung auf einer Karte dargestellt. Zweitens wurde eine Bedarfsanalyse im Kontext der Realisierung eines Regenbogenhauses als Community-Center unter breiter Einbeziehung von LSBTIQ+ Vereinen, Initiativen durchgeführt. Sie umfasste eine Online-Umfrage unter Engagierten und Nutzer*innen von LSBTIQ+ Einrichtungen sowie leitfadengestützte Interviews mit Mitarbeitenden von Vereinen und Initiativen. Drittens erfolgte eine Aufstellung des Flächenbedarfs unter Berücksichtigung der in der Bedarfserhebung gewonnenen Erkenntnisse. Viertens wurden die gewonnen Erkenntnisse ausgewertet und Empfehlungen an den Auftraggeber in Form eines Berichts gegeben. 

Eine zentrale Erkenntnis der Bedarfsanalyse lautet, dass innerhalb der queeren Communitys ein verbreiteter Bedarf an mehr Raum für gemeinsame Aktivitäten besteht. Im Vorhaben zur Einrichtung eines Regenbogenhauses wird daher vor allem das Potenzial gesehen, neue Raum-angebote zu ermöglichen. Mit Veranstaltungsräumen, einem Gastronomiebetrieb, Platz für Beratungsangebote, Co-Working sowie weiteren für Einrichtungen und Initiativen nutzbaren Flächen könnten neue Spielräume entstehen und die Strahlkraft des queeren Berlins ließe sich insgesamt erhöhen.

Der häufig geäußerten Einschätzung, es bestehe Bedarf für ein Regenbogenhaus, liegt zentral die Annahme zugrunde, dass ein solches Vorhaben bestehende Strukturen sowie die Ressour-cen und Handlungsspielräume der Berliner Communitys insgesamt stärken könnte. Aus unter-schiedlichen, auch pragmatischen Gründen votierten mehr als zwei Drittel der Befragten für die Ansiedlung eines Regenbogenhauses in einer zentralen innerstädtischen Lage – etwa in Mitte, Schöneberg oder Kreuzberg.

Ob und wie ein zentrales Regenbogenhaus den in den Communitys vorhandenen Bedarfen entsprechen kann, ist jedoch weniger klar abzulesen. Deutlich artikuliert sich ebenso der Wunsch, den Ausbau dezentraler Angebotsstrukturen fortzusetzen und in den Bezirken, gerade auch in weniger zentral gelegenen Stadtregionen, mehr Anlaufstellen zu schaffen. Die Be-darfserhebung zeigt insofern gleichfalls, dass die im Rahmen der LSBTIQ+ Fachpolitik bereits verfolgte Strategie, die Verankerung queerer Einrichtungen in den vielfältigen Berliner Kiezen zu stärken, viel Zuspruch erhält. Wie die Einrichtung eines zentralen Regenbogenhauses mit dieser Entwicklung – insbesondere angesichts begrenzter Haushaltsmittel – vereinbart werden kann, ist dabei eine wichtige und bisher unbeantwortete Frage. 

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Expertise: 

- Die Debatte zum Regenbogenhaus unter breiter Beteiligung der LSBTIQ+ Communitys offen und transparent weiterzuführen

- Zielstellungen und Funktionen eines Regenbogenhauses klarer zu fassen

- Bestehende Einrichtungen der LSBTIQ+ Communitys abzusichern und bedarfsgerecht auszugestalten und 

- Die bestehenden, dezentralen Angebote zu evaluieren und gezielt weiterzuentwickeln