Evaluation des Projekts "proaktiv - Servicestelle für Betroffene von Straftaten

2. Phase

Projektformat: Evaluation/Wissenschaftliche Begleitung

Auftraggeber/Fördergeber: Opferhilfe – Hilfe für Opfer von Straftaten in Berlin e.V.

Projektdurchführende: Moritz Konradi, Dr. Albrecht Lüter, Magdalena Hirsch, Christina Kaps, Leon Gellrich

Laufzeit: 01.12.2022 – 30.04.2023

Projektbeschreibung

Das Projekt „proaktiv – Servicestelle für Betroffene von Straftaten“ zielt auf eine Verbesserung der Versorgung kriminalitätsbetroffener Menschen in Berlin. Es will einen proaktiven Ansatz in der Opferhilfearbeit einführen und langfristig etablieren. Zugang zu Information und Beratung über Opferrechte und Versorgungmöglichkeiten sollen niedrigschwelliger und betroffenengerechter gestaltet werden, um so den langfristigen psychischen Folgen von Straftaten vorzubeugen. Der Anteil von momentan ca. 10% der kriminalitätsbetroffenen Berliner*innen, die nach einer Straftat Unterstützung erhalten, soll deutlich erhöht werden.

Die proaktive Opferhilfearbeit erfordert ein Zusammenwirken von Strafverfolgungsbehörden und Beratungsstellen, das die Servicestelle etabliert und koordiniert: Die Polizei erhebt Kerndaten zu den Betroffenen sowie deren Einwilligung in die Datenübermittlung, die Servicestelle ermittelt eine passende Beratungsstelle, die dann in Kontakt tritt und Unterstützungsangebote unterbreitet.

Das Projekt stützt sich auf positive Erfahrungen mit dem proaktiven Ansatz z.B. in den Niederlanden, Dänemark und Nord-Irland sowie beim Vorgehen bei Fällen häuslicher Gewalt in Berlin und einigen anderen Bundesländern. Es trägt zur Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten und des Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz) in Berlin bei.

Das zu evaluierende Pilotprojekt erprobt die hierfür nötigen Arbeitsroutinen und Kooperationsmechanismen im Zuständigkeitsbereich der Direktion 2 (West) der Polizei Berlin. Konkret verankert es die Informationsübermittlung zum proaktiven Ansatz in der Polizeidirektion, etabliert tragfähige Kooperationsstrukturen zwischen der Servicestelle, der Polizei und den Beratungsstellen des Berliner Opferhilfenetzes, entwickelt geeignete und datenschutzkonforme Abläufe und Werkzeuge der Vermittlung, dokumentiert Prozesse und Ergebnisse und entwickelt Strategien zur berlinweiten Implementierung des proaktiven Vorgehens. Das Pilotprojekt soll zudem Angebotslücken in der Berliner Versorgungslandschaft aufzeigen und leistet so eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung des Berliner Hilfesystems.

Die Evaluation baut auf einer vorangegangenen Evaluation und wissenschaftlichen Begleitung der Servicestelle auf, die von der Camino gGmbH von April 2021 bis Februar 2022 umgesetzt wurde. Diese Evaluation stellte den Projektaufbau und die Einführung geeigneter Verfahren in den Vordergrund. Nun können Ergebnisse und Wirkungen der Pilotphase in den Blick genommen und Empfehlungen für einen stadtweiten Ausbau des proaktiven Verfahrens entwickelt werden, und es kann überprüft werden, inwiefern die Praxis auf Grundlage der Ergebnisse und Empfehlungen der ersten Evaluation weiterentwickelt werden konnte. Die bereits vorhandenen Daten zum Pilotprojekt können für weitere Auswertungen genutzt werden: einerseits durch die Fortschreibung der etablierten Evaluationsverfahren, andererseits werden sie ggf. durch zusätzliche Komponenten ergänzt und erweitert. Konkret baut die Evaluation auf vier Erhebungssäulen auf, um sicherzustellen, dass die Perspektiven der zentralen Akteure und ihre Einschätzungen auf die Umsetzung des Pilotprojekts einbezogen werden. Somit werden unterschiedliche Perspektiven für die Weiterentwicklung des proaktiven Ansatzes erfasst, die in die Empfehlungen einfließen.

Polizei

Die Polizei ist der erste Kontaktpunkt für die Betroffenen. Wie gelingt die Ansprache der Geschädigten durch die Vollzugsbeamt*innen? Welche Informations- und Schulungsmaßnahmen sind hilfreich? Wie sollte die Umsetzung in den anderen Direktionen vorbereitet werden?

Servicestelle

Die Servicestelle ist Motor und zentrale Koordinierungsstelle des Projekts. Wie gelingen Vermittlungsprozesse und die Kommunikation mit den Akteuren des Netzwerks? Welche Anpassungen in Bezug auf Rolle und Prozesse scheinen sinnvoll? Werden alle Partner ausreichend unterstützt?

Beratungsstellen

Die Beratungsstellen des Berliner Hilfesystems nehmen direkt Kontakt zu den Betroffenen auf und bieten Unterstützung an. Wie gelingt die Ansprache der Betroffenen? Bedarf es einer stärker vereinheitlichten Form des Erstkontakts? Welche Rückmeldungen erhalten sie von Betroffenen?

Betroffene

Kriminalitätsbetroffene Menschen sind die Zielgruppe der Maßnahme. Nehmen die Betroffenen das Angebot an, sind sie zufrieden? Welche Hinweise und Vorschläge machen sie, um das Verfahren an ihre Bedürfnisse anzupassen? Welche Barrieren bestehen und wie können sie abgebaut werden?