Evaluation Bleib Cool am Pool. Ein gewaltpräventives Projekt in Berliner Sommerbädern

2015, Berlin

Format

Autoren: Dr. Albrecht Lüter, Sabine Behn

Beschreibung

Projektvorstellung

„Bleib Cool am Pool“ ist ein gewaltpräventives Konfliktlotsenprojekt, das seit 2011 in Trägerschaft der Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit (GSJ) in ausgewählten Berliner Freibädern umgesetzt wird. Jugendliche und Erwachsene unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft werden zu Konfliktlots/innen ausgebildet, die während der Badesaison in den Freibädern eingesetzt werden: Sie stehen als Ansprechpartner/innen zur Verfügung, bieten Hilfestellung in unterschiedlichen Situationen an und sind angehalten, sich anbahnende Konfliktsituationen frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen, um Eskalationen zu vermeiden. „Bleib Cool am Pool“ baut somit auf dem Peer-Ansatz auf.

Evaluationsansatz

Das Projekt wurde durch die Arbeitsstelle Jugendgewaltprävention evaluiert.

Die Evaluation wurde im Sommerbad Neukölln am Columbiadamm (Columbiabad) durchgeführt. Im Rahmen der Evaluation wurden verschiedene methodische Zugänge der empirischen Sozialforschung kombiniert und verzahnt. Insbesondere wurden sowohl quantitative wie auch qualitative Zugänge verknüpft. Überdies sind die Perspektiven unterschiedlicher Akteursgruppen einbezogen worden. Folgende Erhebungen fanden statt:

  • quantitative Befragung von insgesamt 330 Badegästen, ergänzt durch Kurzinterviews,
  • leitfadengestützte Interviews mit Konfliktlots/innen in zwei Wellen – zu Beginn und nach Abschluss der Badesaison –,
  • (teilnehmende) protokollierte Beobachtungen im Freibad und
  • leitfadengestützte Interviews mit verschiedenen verantwortlichen Projektakteuren aus unterschiedlichen Feldern (Bäderbetriebe, Polizei, Träger).

Zielerreichung, Zielgruppenerreichung und -motivation

Die Ziele des Projekts „Bleib Cool am Pool“ beziehen sich auf zwei Ebenen: 1. auf die Situation im Columbiabad – Senkung des Gewalt- und Konfliktniveaus, entspannte Atmosphäre im Bad, hohes Sicherheitsgefühl bei den Badegästen – sowie 2. auf Lernprozesse bei den teilnehmenden Jugendlichen.

Zu 1:

  • Die Konfliktlots/innen sind im Bad bekannt (eine deutliche Mehrheit kennt sie zumindest vom Sehen).
  • Die Arbeit der Konfliktlots/innen wird von den Badegästen fast ausnahmslos als wichtig, sinnvoll und unterstützend angesehen. Mit dem Auftreten der Konfliktlots/innen verbinden sie eine positive Entwicklung im Bad (gutes Klima, weniger Gewaltvorfälle).
  • Einige Badegäste kritisieren mangelnde Seriosität und Souveränität bei den Konfliktlots/innen.

Zu 2:

  • Es zeigt sich, dass die teilnehmenden Jugendlichen persönliche Lernprozesse im Sinne von Kompetenzsteigerung in den Bereichen Kommunikation und Konfliktlösung durchlaufen sowie die Erfahrung von Selbstwirksamkeit machen. Die Lernprozesse beziehen sich nicht nur auf das Verhalten der Konfliktlots/innen im Freibad, sondern wirken z.T. auch in die jeweiligen Communities zurück.

Bezogen auf Zielgruppenerreichung und -motivation zeigt sich, dass die Konfliktlots/innen, die „bei der Stange geblieben sind“, überzeugt von ihrer Arbeit sind. Dies wird bestätigt durch Konfliktlots/innen, die mittlerweile im zweiten oder dritten Jahr dabei sind. Gleichzeitig zeigen sich Probleme in Bezug auf Akquise von „neuen“ Jugendlichen, ihre Bindung an das Projekt und die Kontinuität der Arbeit. Als zentrale Einflussfaktoren für die Gewinnung und auch die mittelfristige Bindung der Lots/innen erweisen sich eine transparente Kommunikation und eine Werbung, die die charakteristischen Leistungspotenziale des Projektes für die Teilnehmer/innen in den Vordergrund stellt.

Wirkannahmen und erzielte Wirkungen

Das Konzept von „Bleib Cool am Pool“ geht davon aus, dass der Einsatz von qualifizierten Peers, die den Lebenswelten der Badegäste nahestehen, Konflikte im Vorfeld entschärfen und somit Gewaltvorfälle und -eskalationen verhindern kann. Die Evaluation kann diese Wirkannahme bestätigen.

  • Mit dem Einsatz der Konfliktlots/innen wird eine positive Entwicklung im Bad verbunden: entspannte Atmosphäre, weniger Gewaltvorfälle.
  • Die Konfliktlots/innen sind aufgrund der sich entwickelnden Beziehungen zu Jugendlichen und Jugendgruppen im Bad oft in der Lage, brisante Situationen zu erkennen und rechtzeitig zu entschärfen.
  • Aufgrund der lebensweltlichen Nähe können sie Aggressoren häufig leichter ansprechen bzw. erreichen und zu einer Konfliktlösung bewegen (der Peer-Ansatz bewährt sich).
  • Die mit dem präventive Zuschnitt des Projekts gegebene Rollendefinition, dass die Lots/innen das Feld für professionelle Sicherheitskräfte räumen, wenn Konflikte ungeachtet von Deeskalationsmaßnahmen in gewaltförmige Bahnen kommen, ist implementiert. Auch von anderen Funktionsgruppen im Bad wird der Beitrag der Lots/innen vor diesem Hintergrund geschätzt und anerkannt.

Wirkfaktoren

  • gute Kooperation zwischen den Akteuren GSJ als Träger, Polizei und Bäderbetrieben; konkrete Unterstützung des Projekte durch die Akteure,
  • Peer-Ansatz: Lebensweltnähe der Konfliktlots/innen,
  • umfassende Qualifizierung der Konfliktlots/innen,
  • Teambildung und -zusammenhalt,
  • Anreize wie Erlernen von berufspraktischen Kenntnissen, Herstellung von Kontakten für die Suche nach einem Ausbildungsplatz, finanzielle Anreize wie Aufwandsentschädigungen,
  • öffentliche Anerkennung und Wertschätzung.

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